Ostbaltikum  -  Magmatite  -  ostbaltischer Granophyr

Das nachfolgend abgebildete, als "Aplitgranit vom Bottenmeer" bezeichnete Geschiebe entspricht dem ostbaltischen Granophyr-Typus.
 
Geschiebefund:
     
FO: Buch, am Stener Berg      
 
Beschreibung aus Zandstra (1988) S. 103:
Granophyr vom Bottnischen Golf
"... Fein- bis mittelkörniger, fleischfarbener oder ziegelroter Aplitgranit; weniger Plagioklas als Orthoklas; weder Hornblende noch Biotit; wenig Chlorit und Erz; grüner Epidot; Spuren von Flussspat; porphyrisch durch (korrodierte) Feldspateinsprenglinge und (stark abgerundete) Quarzeinsprenglinge; außer den Einsprenglingen und (sehr charakteristisch) feinen graphischen Verwachsungen existiert noch eine dritte Generation von etwas gröberen, körnigen Mineralen; verwittert hell lachsrot.

Das Anstehend-Vorkommen dieses als Geschiebe gewöhnlich hellroten, selten bräunlichen Granophyrs ist nicht bekannt. Weil Geschiebe des hier beschriebenen Typs am häufigsten in der Umgebung von Turku (Åbo) und Vaasa gefunden werden, nahe und entlang des südlichen Teils der Ostküste des Bottnischen Golfs nördlich der Åland-Inseln, wird davon ausgegangen, dass das Muttergestein submarin und nicht fern der genannten Fundorte liegt.
Zu diesem Schluss kam Eskola (1928), der 1926 und 1927 die Süd- und Südwestküste von Finnland und auch die Gesteine landeinwärts erkundete. Im Sommer 1928 fuhr er in einem Motorboot zusammen mit Prof. Sederholm durch das Åland-Archipel, um die Herkunft des Granophyr aufzuspüren. Bei dieser Fahrt wurde ihm klar, dass der Habitus der Geschiebe dieser Gesteinsart im gesamten Küstengebiet von Orijäri bis Vaasa auffallend konstant ist. Geschiebe wurden auch gemeldet von den nördlichen Åland-Inseln und der Küste von Nordschweden südlich von Gävle (Eskola 1934). Die petrographische Analyse eines Geschiebes am Sommerhaus von Eskola in Luvia (nördlich von Uusikaupunki) ergab folgendes Ergebnis (Vol.%):
    Quarz 35,0
    Kalifeldspat 35,4
    Plagioklas 21,5
    Epidot 2,1
    Chlorit 2,7
    Magnetit und Ilmenit 1,7
    Weitere Minerale 1,6 (u. a. Flussspat und Apatit)
Der Epidot ist gelbgrün, der Chlorit dunkelgrün; letzterer kommt als einzelne Blättchen und auch in feinen Aggregaten gemeinsam mit Epidot und Erzkörnchen vor. Erwähnenswert ist das Fehlen von Biotit und Hornblende. In unverwittertem Zustand ist das Gestein vollrot. In der Verwitterung verändert sich die Farbe zu hell fleischfarben und ziegelrot, dann wird auch das Gefüge besser sichtbar. Fast ausnahmslos handelt es sich um ein porphyrisches Gestein, mit einem wechselnden Gehalt an korrodierten Feldspateinsprenglingen (meist ziemlich abgerundeten, gewöhnlich von einem Plagioklasmantel umringten Kalifeldspäten, auch vereinzelten rechteckigen Plagioklasen) und Quarz, ferner feinkörnigen, mikropegmatitischen Partien und schließlich einer in einer dritten Kristallisationsphase in den Resträumen entstandene gröberen, körnigen Masse. Der porphyrische Charakter ist nicht immer auffällig, vor allem nicht, wenn die Einsprenglinge klein und die mikropegmatitischen Partien im Umfang beschränkt sind und die gröbere Zwischenmasse reichlich vorhanden ist. Diese mehr oder weniger gleichkörnigen Varianten zeigen einige Ähnlichkeit mit Haga-Granit oder Väkkärä-Granit. Im anderen Extremfall fehlen die Einsprenglinge nahezu, das Gestein besteht aus mikropegmatitischen Partien und einer gröberen Zwischenmasse. Diese Varietät, die beim Åland-Granophyr vielfach vorkommt, ist bei den Porphyren vom Bottnischen Golf äußerst selten. Am deutlichsten porphyrisch sind die Typen mit Phänokristen und einer mikropegmatitischen Grundmasse, in der die grobkörnigen Bestandteile der dritten Generation fehlen.
Obwohl die oben gegebene Beschreibung des Granophyrs vom Bottnischen Golf möglicherweise das Bild eines äußerst variablen Gesteins erweckt, ist das sicher nicht der Fall. Die Variation betrifft ausschließlich das Verhältnis zwischen der Anzahl und den Abmessungen der Einsprenglinge, der feinen graphischen Verwachsungen und der Füllmasse. Sehr kennzeichnend ist das konstante Vorhandensein von Epidot und Chlorit (Eskola 1934).
Die in den Zwanziger-Jahren von Eskola angenommene Herkunft wurde durch Veltheim (1962) mit Hilfe von Gesteinszählungen bekräftigt. Veltheim hat sehr plausibel gemacht, dass die großen Geschiebekonzentrationen des Bottnischen Granophyrs (ohne Beteiligung weiterer Rapakivitypen) ihren Grund darin haben, dass das anstehende Vorkommen dieses Gesteinstyps in der direkten Umgebung auf dem Meeresboden zu finden ist. Das größte Feld liegt ca. 250 km nördlich der Åland-Inseln, mitten im Meer. Kleinere Felder liegen etwas dichter unter der schwedischen Küste (ohne dass die Zusammensetzung sich verändert). Auf besondere Genauigkeit kann diese Herkunftsbestimmung sich selbstverständlich nicht berufen.
Granophyrische Aplitgranite treten auch anderswo auf, wie in Nordschweden (Ångermanland, Rödö), wo jedoch häufig Biotit und mitunter auch Hornblende im Gestein vorkommen und zudem der Gehalt an dunklen Mineralen ebenfalls höher ist. Der Granophyr von den Åland-Inseln ist meistens graurot oder graugelb und enthält eine kleinere Anzahl eigenständiger Plagioklas-Kristalle (Lokalitäten: siehe große Karte in Ludwig 1970 -1973). In den Niederlanden sind wenige Funde bekannt. In Gebieten mit vielen ostbaltischen Geschieben ist dieser Granophyr vermutlich nicht selten. Es wird meist nicht möglich sein, kleine Stücke sicher von Granophyr aus anderen Vorkommen zu unterscheiden. Die neutrale Bezeichnung „Ostbaltischer Granophyr“ sollte dann bevorzugt werden..."
 
 
Literatur:
Eskola P. 1928: On Rapakivi rocks from the bottom of the Gulf of Bothnia. Fennia 50. 1-29
Eskola P. 1934: Tausend Geschiebe aus Lettland. Ann. Acad. Scient. Fenn, ser. A, 39, 1-41
Veltheim V. 1962: On the Pre-Quaternary Geology of the bottom of the Bothnian Sea. BCGF 200.
Zandstra J. G. 1988: Noordelijke kristallijne gidsgesteenten, E. J. Brill 1988
Zandstra J. G. 1999: Platenatlas van noordelijke kristallijne gidsgesteenten, Backhuys Leiden