Oslo-Gebiet  -  Vulkanite  -  Rhombenporphyr  -  ein Beitrag

 
Rhombenporphyre von Jütlands Nordseeküste
Peter Gronski (petergronski@gmx.de)
 (
   Einleitung
 
Einem Geschiebesammler, der Gefallen am Gefüge und den Farbvarianten dieser von Gletschern transportierten Gesteine findet, fallen früher oder später bei genauerem Betrachten Unterschiede auf und er beginnt unwillkürlich ihre Merkmale zu vergleichen und seine Funde zu gruppieren. Bei gesteigertem Interesse folgt irgendwann auch die Frage nach ihrer Herkunft und die Suche nach jeder Form publizierter Informationen, die oft angesichts der enormen Vielfalt von Gesteinsarten im Laufe der Zeit auf bestimmte Typen fokussiert werden müssen. Die Rhombenporphyre, die man an Jütlands Nordseeküste finden kann, haben in dieser Weise nach zahlreichen Dänemark-Reisen das besondere Interesse des Autors geweckt. Die spezielle Situation, in der sich ein von dieser Geschiebesorte begeisterter Sammler befindet, lässt sich in Versform etwa folgendermaßen ausdrücken:
 
Als vor hunderten Millionen
Jahren die Vulkane krachten,
Lavaergüsse, Eruptionen
Magmen ganz nach oben brachten.
Dies geschah am Oslofjord;
Unruhig war die Gegend dort.
Die Laven wurden fest zu Stein.
Später Kälte brach herein
Und Elster-Eis das Land bedeckte,
Mitsamt Gestein, das darin steckte.

Unter dem Gewicht vom Eise
Begann danach die lange Reise
Durch Jahrtausend‘ uns’rer Zeit.
Zermahlen wurde das Gestein
In Brocken zahlreich, groß und klein.
Vom Herkunftsort mitunter weit,
Hat sie das Eis dorthin geschoben,
Wo einer sie dann aufgehoben,
Der mit gesenktem Kopf am Strand
Suchend stapfte durch den Sand,
Bis er endlich einen fand:
Den Porphyr, dessen äuß’re Hülle
Rhomben zieren, oft in Fülle!

Der Rauten Größe, ihre Form,
Den Finder fesseln ganz enorm.
Nachdem ein Dutzend er entdeckt,
Sein Interesse wird geweckt.
Und weil die Formen variieren,
Beginnt er langsam zu kapieren,
Dass so mancher Phänokrist
Von ander‘n unterscheidbar ist.

Ach, würde ich sie alle kennen
Und bei’m rechten Namen nennen
Und wüsste, wo sie einst entstanden
Oder heute noch vorhanden!
Auch wenn dies kaum gelingen kann,
Das Suchen selbst zieht in den Bann.
Doch Vorsicht bei der Analyse!
Führe sie durch, möglichst präzise.
Leicht kann’s gescheh’n, dass man sich irrt,
Weil Formenvielfalt schnell verwirrt.

 
Die visuellen Typisierungsversuche der Geschiebe in der vorliegenden Sammlung beruhen ausschließlich auf publizierten Informationen, wobei Bildvergleiche die wichtigste Rolle spielten. Die eher seltenen in der Fachliteratur vorhandenen Merkmalsbeschreibungen einzelner Varietäten sind oft ungenau und meistens weniger hilfreich. Eine Typisierung hängt naturgemäß von der korrekten Zuordnung der Referenzproben ab, die oft selber Geschiebe sind und deren Klassifizierung den Sammler gelegentlich weniger überzeugen als die einer Anstehendprobe. Bei der gegebenen Variationsbreite der Gesteinsmerkmale und oft vorhandenen Ähnlichkeit stratigraphisch unterscheidbarer Varietäten ist visuell eine sichere Typisierung nur eingeschränkt möglich. An einigen Beispielen wird bewußt auf die Unsicherheit der Typzuordnung hingewiesen. Vermutlich ist auch die vorliegende Sammlung diesbezüglich nicht fehlerfrei. Es ist immer anzuraten, möglichst mehrere Proben einer mutmaßlichen Varietät zu sammeln, um sie mit zunehmender Erfahrung von anderen Varietäten unterscheiden und ihre Variationsbreite besser abschätzen zu lernen. Als einzelnes, in der Regel oft nur faustgroßes Geschiebe kann bspw. die auf der Oberfläche sichtbare Anzahl der Einsprenglinge einen völlig falschen Eindruck von der varietätentypischen Kornzahl vermitteln; manchmal unterscheiden sich diesbezüglich schon die beiden Hälften eines einzelnen Geschiebefundes erheblich. Andererseits kann die Einprägung eines publizierten Referenzfotos die tatsächliche Variationsbreite unrealistisch einengen. Auch wenn dem interessierten Sammler in der Regel nur eingeschränkte Untersuchungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, bleiben die Rhombenporphyre ein attraktives Studien- und Lernobjekt. Das Literaturstudium zeigt, dass das Zustandekommen ihrer zahlreichen Merkmale noch nicht umfassend beschrieben wurde und daher immer noch Detailfragen zur Entstehungsgeschichte unbeantwortet sind.
  
Belegbare Richtigstellungen der vorgenommenen Typisierungen sind erwünscht und willkommen.
 
 
   Hinweise und Erläuterungen zu den RP-Geschieben
 

Alle Geschiebeproben stammen von der Nordseeküste Mittel- und Nordjütlands in Dänemark, vorwiegend von der Vigsø-Bucht und häufig von Strandabschnitten zwischen Houvig bei Søndervig und Vedersø Klit. Die Ausschnitte der Geologischen Karte und fotografischen Luftaufnahme geben die geografische Lage von Vorkommen und Hauptfundort wieder.

 
Vereinfachte Geologische Karte der Oslo-Gegend n Bjørlykke
 
Anstehendes Perm war in Skandinavien nur als Rotliegendes im Oslo-Graben bekannt, weshalb sich unter den von dort stammenden Gesteinen die gut erkennbaren Rhombenporphyre, deren Alter durch Fossilienfunde diesem Zeitabschnitt zugeordnet werden konnten, als geeignete Leitgeschiebe („Indikatoren“) erwiesen (z.B. Hucke 1967, S.72; Hesemann 1975, S.211-219; Schuddebeurs, A.P., 1987). Als Transportzeitraum der Rhombenporphyre konnte schon die älteste der nördlichen Vereisungsperioden, die Elster-Eiszeit (ca. 325-450 ka, Lauer & Weiss 2018) ermittelt werden. Die nordjütländische Vigsø-Bucht liegt im vermuteten damaligen zentralen Strombereich der Gletscher mit ausgeprägter NO-SW Richtung (Hesemann 1975, S.224; Smed 1992, S.334), ungefähr in Verlängerung des Oslo-Grabens nach SW. Dies könnte das dort abgelagerte umfangreiche RP-Varietätenspektrum erklären.
 
Die vorgenommenen Typisierungen beruhen auf einem visuellen, annähernd maßstabsgerechten Vergleich der typisierten Referenzbilder mit den angefeuchteten Proben bzw. polierten Geschiebeanschnitten und auf Angaben aus der Fachliteratur (siehe Hinweise Literatur). Sie sind naturgemäß von der Richtigkeit der verfügbaren Bildangaben abhängig. Der visuelle Vergleich kann zwar Typähnlichkeiten von Geschiebeproben ermitteln, aber wegen der Variationsbreite der Merkmale oftmals nicht deren korrekte stratigraphische Varietät. Die typisierten RP-Abbildungen mit Größenangaben stammen von im Internet zugänglichen Fotogalerien und aus Fachzeitschriften. Bei den Bildquellenangaben wurden folgende Kürzel verwendet:
 
gp    
H     

L    
skk
sl
sss
vsk
zsw
https://www.geoparken.no/geologiske-hovedtrekk/rombeporfyr
https://huishoutsteen.wordpress.com/2015/10/27/een-gepassioneerde-zwerfsteenverzamelaar/
Jensch, 2013a und b (s. Hinweise Literatur)
Larsen, 2006 und 2013 (s. Hinweise Literatur)
https://skan-kristallin.de/
http://stenlabyrinten.drlund-gym.dk/bjergarter-efter-bjergartstype/
http://www.rapakivi.dk
http://www.vendsysselstenklub.dk
https://www.zwerfsteenweb.nl
   
Die Geschiebefotos der angefeuchteten RP-Proben wurden in einer LED-bestückten Fotobox aufgenommen. Alle Fotos sind annähernd maßstabsgerecht und ermöglichen einen direkten Vergleich der Einsprenglingsgrößen.
 
Die Beschreibung der Farben wurde für die angefeuchteten Geschiebe nach dem Munsell Farbsystem mittels Farbtafel-Vergleich (geological rock-color chart) bei den Lichtverhältnissen der fotografischen Bildaufnahme vorgenommen. Hierbei wird ein Buchstaben-Zahlen-Code zur Charakterisierung von Farbton (Hue), Helligkeit (Value) und Sättigung (Chroma) verwendet. Diese besonders für Gesteinsfarben verwendeten Symbole dienen als eine von der Qualität der Bildwiedergabe unabhängige Farbbeschreibung.
 
Als Zonierungen werden vereinfachend, unabhängig von ihrer Entstehungsursache, in der Merkmalsbeschreibung farblich unterscheidbare Randbereiche bezeichnet.
 
Die ferrimagnetische Aktivität jeder Probe wurde grob durch deren Anhaftvermögen eines Neodym-Scheibenmagneten (Ø 10,0 x 1,0 mm) bewertet.
 
Publizierte RP-Verbreitungsgebiete und XX-Merkmale stammen aus der antiquarisch erworbenen bzw. im Internet verfügbaren Fachliteratur und sind einzeln mit Quellenangaben aufgeführt (siehe Hinweise Stratigraphie).
 
Manche nach ihrem geographischen oder geologischen Herkunftsort benannte lokale RP-Varietäten können mangels gesicherter Erkenntnisse stratigraphisch z.Z. nicht korrekt eingeordnet werden.
 
Die Zusammensetzung der meisten natürlichen Feldspäte, zu denen auch die großen Einsprenglinge (Megakristen) der RP gehören, läßt sich formal in einem Konzentrationsdreieck durch die prozentu-alen Stoffmengenanteile der drei Alumosilikate Orthoklas (Or, K+-haltig), Albit (Ab, Na+-haltig) und Anorthit (An, Ca2+-haltig) beschreiben, die bei hohen Temperaturen (T) und niedrigen Drucken (p) zwei lückenlose Mischkristallreihen mit jeweils zwei Hauptkomponenten (Or/Ab: Alkalifeldspäte; Ab/An: Plagioklase) bilden können. In ternären, also aus den drei Komponenten Or, Ab und An bestehenden Feldspäten nimmt die Mischbarkeit mit steigendem Ab-Anteil zu, während Or und An kaum mischbar sind. Die RP-Megakristen bestehen aus dem ternären Feldspat Anorthoklas, einer Paramorphose (Bambauer 1969, S.664 u. 679) mit Or-, Ab- und An-Anteilen, die daher ebenfalls p,T-abhängig unter Beibehaltung der chemischen Zusammensetzung und Morphologie ihre Zustandsform ändern und zu vielfältigen Entmischungserscheinungen führen können.
 
Die heutigen Kenntnisse über die Zusammensetzung der RP-Einsprenglinge basieren im Wesentlichen auf den umfangreichen Untersuchungen von Harnik (1969), die u.a. an Gesteinsproben der Varietäten RP1 Kolsås-Typ, RP3a, RP5, RP7, RP13c (nach Brøgger RP13d Svarten-Typ) und RP Tyveholmen Gang-Typ vorgenommen wurden. Ein Teil der Ergebnisse läßt sich, wie folgt, zusammenfassen: Die Kerne der Anorthoklase sind mikro- bis kryptoantiperthitisch entmischt und bestehen überwiegend aus einem Plagioklas-Wirt (K+-reiches Andesin bzw. Oligoklas = Antiperthit = Na+-reiche Phase) und einem An(Ca2+)-armen Alkalifeldspat-Gast (K+-reiche Phase), der seinerseits je nach Zusammensetzung perthitisch oder antiperthitisch entmischt sein kann. In den Hüllen ist die Differenzierung in Wirt und Gast weniger weit fortgeschritten und beide sind An-ärmer und (Or+Ab)-reicher bei stärkerer Neigung zur Kryptoperthitbildung. Die mittlere Zusammensetzung der RP-Einsprenglinge aus dem Oslogebiet (inklusive der ähnlich aufgebauten, untersuchten Larvikite) war Or20Ab55An25, die Matrix Or-reicher.
 
Es sei angemerkt, dass Mikro- und Kryptoentmischungen makroskopisch nicht erkennbar sind, im Gegensatz zu Makroentmischungen, bei denen die schnurartig entmischten Phasen eine Dicke größer als 0,05 mm haben (Soldatos 1962, S.181) und bei manchen RP-Varietäten (z.B. Gang-Typen) auftreten können, wenn genügend lange Verweilzeiten im geeigneten p,T-Intervall dies zuließen. Bilden sich Entmischungslamellen aus Na-Feldspat (Gast) in einer Matrix aus K-Feldspat (Wirt), spricht man von einer perthitischen Entmischung; tauschen dagegen Gast (K-Feldspat) und Wirt (Na-Feldspat) ihre chemische Zusammensetzung, ist die Entmischung antiperthitisch. Der Name Perthit stammt von einem lokalen Feldspattyp nahe der Stadt Perth in der kanadischen Provinz Ontario.
 
 
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RP 1
RP 2
RP 3
RP 4
RP 5
RP 6
RP 7
RP 8
RP 9 /11
RP 10
RP 12
RP 13
RP 14
RP 15
RP 16
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RP 17
RP 19
RP 21
RP 22
RP 23
RP 24
RP 26
RP Basalt-Typ
RP Gang-Typ
RP Høyord-Typ
RP Vettakollen-Typ
RP Møn-Typ
RP Vestfold
RP Alterierter Typ
RP Klastischer Typ
 
             
  31. Literatur        
  32. Hinweise zur Stratigraphie        
 
 
   
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